Traumstraßen am Gardasee
Aufgrund des alpinen Geländes an der Nordhälfte des Gardasees haben die Straßen den kurvenreichen Charakter von Bergstraßen. Einige von ihnen zählen zu den schönsten Straßen Europas. Gardesana nennt sich die Straße rund um den Gardasees. Am Ostufer wird sie Gardesana Orientale genannt, am Westufer ist sie die Gardesana Occidentale. Die kurvenreiche Streckenführung der Gardesana an beiden Seiten des Gardasees führt durch viele Tunnel und an steilen Hängen entlang und ist in manchen Abschnitten zu einer der schönsten Straßen Italiens zu zählen. Auch die Strada della Forra sowie die Panoramastraßen von Malcesine und Tremosine sind nicht nur für Biker absolute Traumstraßen. Die alte Ponalestraße gehört heute den Mountainbikern und Wanderern.
Panoramastraßen am Gardasee
- Gardesana Orientale (Gardasee Ostufer)
- Gardesana Occidentale (Gardasee Westufer)
- Panoramastraße Malcesine (Strada Panoramica di Malcesine)
- Panoramastraße Tremosine SP 38 (Strada Panoramico di Tremosine)
- Strada della Forra durch die Brasa-Schlucht
- Ponalestraße
Gardesana
Berühmtheit erlangte die Gardesana spätestens seit der Szene einer wilden Verfolgungsjagd im James Bond Film "Ein Quantum Trost", die an beiden Seiten des Gardasees gedreht wurde. Während die Straße im Nordteil des Gardasees in der Provinz Trento in sehr steilem und bergigen Terrain in den Fels gesprengt wurde, verläuft ihre Streckenführung in Richtung Süden in den Regionen Lombardei und Venetien flacher. Durch diese sehr interessante und abwechslungsreiche Streckenführung ist die Gardesana beliebtes Reiseziel bei Bikern. Dennoch muss man in der Saison auf vielen Streckenabschnitten auf Grund des hohen Verkehrsaufkommens mit Behinderungen rechnen.
Bis Anfang des 20. Jahrhunderts waren viele Teile des Gardasee Westufers nur mit dem Schiff oder über enge Bergpfade erreichbar. Auch auf der Ostseite waren in dieser Zeit die Straßen noch nicht gut ausgebaut. Die Gardesana Orientale war Teil aufwändiger Bauarbeiten am See in den 1920er Jahren und wurde 1926 fertig gestellt. In den Jahren 1927 - 1932 folgte dann auch die Gardesana Occidentale, die auf langen Strecken in den Berg gesprengt wurde. Alleine auf den 28 Kilometern von Riva del Garda nach Gargnano besteht die Strecke aus 74 Tunneln, unterbrochen von den Orten Limone sul Garda und Campione del Garda. Damit setzte sie zu dieser Zeit Maßstäbe in der Straßenbaukunst.
Gardesana Orientale (Gardasee Ostufer)
Die Gardesana Orientale (ehem. Staatsstraße SS249, heute SR 249, SP 249) führt als gut ausgebaute zweispurige Uferstraße auf 66 Kilometer Länge am Ostufer des Gardasees, auch Olivenriviera oder "Riviera degli Olivi" genannt, von Arco nördlich des Gardasees über Torbole, wo sie den See erreicht, bis nach Peschiera del Garda, wo sie den Gardasee verlässt. Dabei durchquert sie die Provinz Trento sowie die Regionen Venetien und Lombardei. Diese sind jeweils für die Verwaltung der jeweiligen Straßenabschnitte zuständig. Im Teilstück in Venetien führt sie die Bezeichnung SR (Strada Regionale) 249, in der Lombardei SP (Strada Provinciale) 249.
Auf der Fahrt von Norden durchfährt man die Ortschaften Torbole, Malcesine (mit den Ortsteilen Navene, Campagnola, Val di Sogno, Cassone), Brenzone sul Garda (mit den Ortsteilen Assenza, Borago, Porto, Magugnano, Marniga, Castelletto, Castello), Torri del Benaco (mit dem Ortsteil Pai), Garda, Bardolino (mit dem Ortsteil Cisano) und Lazise bis man nach Peschiera del Garda am Südufer des Gardasees kommt. Auf dem ersten Abschnitt am Gardasee zwischen Torbole und Malcesine sind die Flanken des Monte Baldo recht steil abfallend. Hier liegen die einzigen Tunnel der Gardesana Orientale. Es sind zum See hin offene Galerien mit schönem Blick. Doch Vorsicht, der Fahrer darf sich nicht ablenken lassen. Die Fahrspuren sind nicht abgetrennt und ein Frontalzusammenstoß kann schreckliche Folgen haben. Für die Mitfahrer hingegen bietet sich ein fantastischer Blick zum Westufer des Gardasees. Von Malcesine mit seiner von Weitem sichtbaren Scaliger Burg aus verläuft die Straße von Ort zu Ort weiter in unmittelbarer Ufernähe.
Größtenteils befinden sich nun auf der Seeseite die Strände, während sich auf der des Sees abgewandten Seite der Straße weite Olivenhaine, Campingplätze, Ferienhäuser und die Orte befinden. In Regelmäßigen Abständen gibt es Parkplätze, an denen man zum Baden oder für einen Fotostopp anhalten kann. Doch bitte daran denken, in der Hochsaison füllen sich diese schnell schon am Vormittag. Also rechtzeitig losfahren, um Nerven zu sparen. Ab dem Vormittag hat man auf der Ostseite des Gardasees Sonne, bis in den späten Nachmittag hinein. Davon profitiert diese Seeseite sehr. Durch die vielen kleinen Orte mit ihren Häfen, die wie an einer Perlenschnur den See säumen, ist kaum zu merken, wann man die Gemeinde Malcesine verlässt und Brenzone erreicht und weiter Torri del Benaco mit seinen Ortsteilen und seiner Burg, einer der interessantesten Burgen am Gardasee.
Nach Torri del Benaco verbreitert sich der See hinter der Landzunge der Punta san Vigilio und das Umland flacht ab. Der See hat ab dieser Stelle nicht mehr den Charakter eines Bergsees. Die Gardesana passiert Garda bevor sie noch einmal einen riesigen Tafelberg umkurvt, den Rocca di Garda. Von seinem Gipfel aus hat man einen fantastischen Blick über das gesamte Umland und den südlichen Gardasee bis nach Sirmione und zur Westküste. Im Anschluss folgt die noch leicht hügelige Weinbauregion um Bardolino. Die Gardesana verliert hier vollständig ihren Charakter einer Bergstraße. In Cisano, einem Ortsteil von Bardolino, liegt das Olivenmuseum direkt an der SR 249. Weiter geht es durch Lazise, den Ort der Freizeitparks am Gardasee: Gardaland & Sea Life sowie Canevaworld Resort Lazise. Hinter Peschiera del Garda verlässt die SR 249 dann das Ufer des Gardasees.
Gardesana Occidentale (Gardasee Westufer)
Am Westufer des Gardasees entlang steiler Felswände und durch verschiedene Tunnel verläuft auf einer Länge von 48 Kilometern entlang der sogenannten Zitronenriviera ("Riviera dei Limoni") die Strada Statale SS 45 von Riva del Garda bis Salo. Durch die vielen Tunnels und Serpentinen gilt die westliche Uferstraße des Gardasees als eine europäische Traumstraße, die leider durch den aktuellen touristischen Verkehrsanstieg etwas an Attraktivität eingebüßt hat. Besonders auf den Zubringerstraßen in die steilen Schluchten kann es bei Gegenverkehr sehr eng werden. Auf der Strecke liegen folgende Orte: Riva del Garda, Limone sul Garda, Gargnano, Toscolano-Maderno, Gardone Riviera und Salo. Unterwegs finden Abzweigungen zu den hoch über dem Gardasee gelegenen Gemeinden Tremosine und Tignale statt sowie zum unterhalb einer riesigen Steilwand gelegenen Campione. In den einzelnen Tunneln sind die Höhenunterschiede kaum spürbar und so ist es immer wieder ein Erlebnis, wenn man einen auf Seehöhe befahrenen Tunnelabschnitt mehrere hundert Meter über dem Wasser wieder verlässt. Manche dieser Tunnel sind noch sehr ursprünglich und zeugen von den Ursprüngen der Gardesana. Diese sind sehr eng und dunkel. Andere Abschnitte wiederum sind großräumig und hell gestaltet. Von den Abschnitten zwischen den Tunnelpassagen hat man einen wunderschönen Ausblick auf den Gardasee und das Ostufer. Beim fahren ist nicht nur wegen der Unfallgefahr immer Vorsicht geboten, auch ist eine verpasste Abfahrt sehr ärgerlich, da man auf der engen Straße nur selten wenden kann.
Geschichte der Gardesana
Die Geschichte der Gardesana begann zur Mitte des 19. Jahrhunderts, als große Teile der Uferregionen am Gardasee zur österreichischen Habsburger Monarchie gehörten. In dieser Zeit erkannte man schon die Notwendigkeit einer Straßenverbindung des Gardasee Westufers zum Trentino. Durch die wachsenden politischen Spannungen zwischen Italien und Österreich war ein gemeinsames Straßenbauprojekt aber nicht umsetzbar. Auf beiden Seiten der bei Limone verlaufenden Grenze wurden eigene Straßenkonzepte umgesetzt. Nach dem Ende des ersten Weltkrieges wurden alle Uferregionen des Gardasees Italien zugesprochen, was dem Straßenbauprojekt entgegenkam. Im Jahr wurde ein, vom Statt subventioniertes, Konsortium gegründet und mit dem Prestige-Projekt beauftragt. Zwischen Februar 1928 und September 1931 fanden die Bauarbeiten statt, bei denen 12 Arbeiter starben. Am 18. Oktober des selben Jahres fand die Eröffnung der Route statt. In den Kriegsjahren 1943 bis 1945 waren in den Tunneln Rüstungsfabriken untergebracht, sodass die Straße für den zivilen Verkehr gesperrt werden musste. Erst nach Kriegsende wurde sie wieder eröffnet und entwickelte sich langsam mit dem in den 50er Jahren aufkommenden Tourismus zur Traumstraße. In den 60er Jahren wurden dann einige landschaftlich sehr ansprechende Passagen durch sicherere Tunnel ersetzt. Diese Straßenabschnitte sind heute noch zu Fuß oder mit dem Fahrrad begeh- oder befahrbar.
Panoramastraße Malcesine (Strada Panoramica di Malcesine)
Oberhalb von Malcesine an der Ostseite des Gardasees beginnt die Panoramastraße Malcesine. Sie verläuft wie ein Rundweg am Hang des Monte Baldo mit einer fantastischen Aussicht über Malcesine mit seiner Scaliger-Burg und den Gardasee. Von Norden verlässt man die Gardesana in Campagnola, von wo sich die Panoramastraße in Serpentinen den Berg hinauf windet. Unterwegs passiert man einige Restaurants inkl. Panoramablick. Etwa in der Mitte der Strecke kann man zur Mittelstation der Seilbahn zum Monte Baldo abbiegen und weiter nach oben fahren. Die Strada Panoramica schlängelt sich nach einigen Kilometern wieder in Richtung Malcesine bevor sie kurz nach dem Kreisel im Zentrum des Ortes wieder auf die Gardesana trifft. Diese kleine Runde dauert nicht lange, ist es aber unbedingt wert. Besonders Fotografen schätzen das Motiv der Burg von Malcesine mit dem Gardasee im Hintergrund.
Panoramastraße Tremosine SP 38 (Strada Panoramico di Tremosine)
Auch auf der Westseite des Gardasees gibt es mehrere Panoramastraßen. Im pitoresken Terrassenort Limone zweigt eine Straße von der Hauptstraße ab, um in Richtung Tremosine zu führen. Es geht in Serpentinen steil den Berg hinauf. Je höher man kommt, desto mehr ändert sich die Kulisse vom mediterranen Limone mit seinen Palmen zu eher alpiner Bergromantik des Nationalparks Alto Garda. Bei Voltino verlässt man das direkte Gardaseeufer und bewegt sich in Richtung Westen auf ein Hochplateau zu. Von dort an nennt sich die Straße SP 38. Nachdem man das Plateau umrundet hat, kann man in Richtung Pieve und wieder an die steilen Felswände direkt am Gardasee fahren. In Pieve befinden sich die so genannten Schauderterrassen mit einem der schönsten Panoramablicke auf den Gardasee. Von Pieve aus führt eine der aufregendsten Straßen zurück hinab zur Gardesana, direkt durch die Brasa-Schlucht (siehe unten). Fährt man nicht nach Pieve, sondern weiter auf der SP38 in Richtung Süden, passiert man mehrere Serpentinenpassagen und überwindet mehrere Bergsättel bis man über Prabione nach Tignale kommt.
Die Strada della Forra durch die Brasa-Schlucht
Eine der spektakulärsten Straßen am Gardasee ist die Fahrt von Pieve, dem Hauptort von Tremosine auf der Strada della Forra durch die Brasa-Schlucht hinab zum Gardasee. Die teilweise nur einspurige Straße schlängelt sich in wilden Serpentinen entlang der natürlichen Klamm, die der Brasa-Fluss in Jahrtausenden in die Felsen gegraben hat. Diese Straße gibt es seit Anfang des 20. Jahrhunderts. Im Jahr 1913 wurde die spektakuläre Straße eröffnet. Tollkühne Straßenbauer führten sie über den Fluss, durch Schluchten und entlang der Klamm, über Felsen und auf Vorsprüngen tanzend.
Bei seiner Eröffnung wurde die Straße in der Frankfurter Zeitung die "schönste Straße der Welt" genannt. Damit braucht sie sich nicht hinter ihrer großen Schwester, der Gardesana zu verstecken. Heute lieben besonders Biker diese Abfahrt. Auf halber Strecke kann man in der Pizzeria La Forra eine Pause einlegen. Doch Vorsicht bei der Fahrt - es kann hinter jeder Ecke ein entgegenkommendes Fahrzeug lauern. Deswegen immer vorsichtig sein und einen Fuß auf der Bremse. Es schadet auch nicht, wenn man vor scharfen Kurven kurz hupt. So gibt man dem Gegenverkehr einen Hinweis.
Die Ponalestraße - Traumstraße für Mountainbiker und Wanderer
Nördlich von Riva del Garda am Gardasee Nordufer schlängelt sich eine Straße den Berg hinauf, die schon lange für den Autoverkehr gesperrt ist - die Ponalestraße ("Sentiero del Ponale di Giacomo Cis" oder auch "Alpiner Höhenweg D 01"). Viele sprechen auch vom schönsten Fahrradweg der Welt. Auf einer Länge von 5,5 km führt die ehemalige Militärstraße bis zum Dorf Biacesa auf 400 Metern ü.N.. Bei ca. der Hälfte der Strecke kann man in Richtung des Dorfes Pregasina abzweigen. Dort endet die Tour an einer Madonnenskulptur. Durch die vielen Tunnel und den fantastischen Panoramablick auf den nördlichen Gardasee sowie die Orte Riva und Torbole ist die Ponalestraße so berühmt. In den Jahren 1848 - 1951 als Verbindung des Ledrotals an das nördliche Gardaseeufer gebaut, ist die Ponalestraße seit 1998 durch zwei Tunnel für den Fahrzeugverkehr ersetzt worden. Grund war die permanente Gefahr von Erdrutschen. Nachdem im Jahr 2000 mehrere Tote auf der Ponalestraße durch einen Erdrutsch zu beklagen waren, wurde die Straße auch für Radfahrer und Fußgänger gesperrt. Erst nach aufwändigen Restaurieungsarbeiten wurde sie im Jahr 2008 wiedereröffnet. Seit 2014 emfängt die ehemalige Raststation auf halber Strecke wieder Besucher.