Die Geschichte des Gardasees
Seither ist der Gardasee eine begehrte Region - nicht nur als Erholungsort wie für betuchte Römer, sondern besonders wirtschaftlich und militärisch-strategisch. So ist die Region um den Gardasee in seiner Geschichte nicht selten Zankapfel und hart umkämpft gewesen. Das erklärt auch die hohe Dichte an Burgen und Festungsanlagen am Gardasee. Wir haben die Geschichte des Gardasees und die wichtigsten historischen Ereignisse zusammengefasst.
Entstehung & erste Besiedelung (4.000 v.Chr. - 500 v.Chr.)
Der Gardasee ist ein Kind der letzten Eiszeit. Ein prähistorischer Gletscher wälzte sich langsam aber mit Macht das Etschtal herab und malmte den "Lago di Garda" mit seiner langgestreckten Gestalt von Norden nach Süden ins Gestein. An den Ufern des fischreichen Sees errichteten Menschen schon in der Bronzezeit vor 4000 Jahren Pfahlbauten. So findet man diese interessanten Holzkonstruktionen zum Beispiel am nahen Ledrosee oder in Peschiera del Garda. Diese sind inzwischen von der UNESCO zum Welterbe der Menschheit erklärt worden. Auch in Malcesine oder Pai wurden Reste von Pfahlbauten gefunden. Zudem gibt es Felszeichnungen am Monte Baldo. Später siedelten Ligurier, Veneter, Etrusker und Gallier an den Ufern des Gardasees. Doch schon lange vor der ersten Besiedlung der Gegend müssen die ersten Jäger und Nomaden Europas das Gewässer gekannt haben. Denn 150 km nördlich des "Benacus" starb vor 5400 Jahren ein Mann der Kupfersteinzeit, der in unseren Tagen als "Ötzi" posthumen Weltruhm erlangte.
Die Römer am Gardasee (200 v.Chr. - 500 n.Chr.)
Im 2. Jahrhundert v. Chr. vereinnahmten die Römer Oberitalien, womit in die Provinz "Gallia Cisalpina" zunächst fast 700 Jahre Ruhe einkehrte und der Gardasee den Namen Namen Lacus Benacus erhält. Trotzdem fanden natürlich auch in dieser Zeit einzelne militärische Auseinandersetzungen statt. So im November des Jahres 268 die "Schlacht am Lacus Benacus". Den Römern unter Kaiser Claudius Gothicus standen auf dem Schlachtfeld 100.000 Alemannen gegenüber. Sie hatten zuvor die Grenze am Brenner übertreten und weite Landstriche Norditaliens bis zum Gardasee durchquert. Zeitgleich waren die römischen Legionen durch eine Invasion der Goten in der Schlacht bei Naissus gebunden.
Nachdem die diplomatischen Bemühungen von Claudius Gothicus gescheitert waren, kam es zum Kampf am Gardasee. Trotz der zahlenmäßigen Unterlegenheit konnten die Römer die Schlacht für sich entscheiden. Die Hälfte des Alemannischen Heeres wurde getötet, verwundet oder gefangen genommen. Die restlichen Kämpfer zogen sich in die Aplen zurück. An verschiedenen Orten kann man die Spuren der römischen Siedelungen noch heute sehen. So zum Beispiel in Verona, mit dem Römischen Theater und der Arena oder in Sirmione, wo die ehemalige römische Villa Grotte di Catullo die Spitze der Landzunge in den Gardasee bedeckt und heute eine der beliebtesten Sehenswürdigkeiten am Gardasee ist.
Die Zeit der Goten, Langobarden & Franken (500 - 1000)
Mit dem Untergang des Imperium Romanum im 5. Jahrhundert begann eine lange Zeit heftiger Kriege rund um den Gardasee. Im Übergang von der Antike ins Frühmittelalter stritten Ost- und Westgoten, Germanen, Hunnen und Langobarden um die Herrschaft in der Region des größten Sees in Italien. Auf der Ostseite des Gardasees und an den Flanken des Monte Baldo ließen sich vereinzelte Gruppen von Goten und anschließend auch von Langobarden (ab dem 6. Jh.) nieder. In einer Höhle unterhalb des Monte Baldo fand man die Überreste eines langobardischen Kriegers. Lange Zeit herrschten die Langobarden von der heute leider zerstörten Fortezza della Rocca di Garda über das Ufer des Gardasees. Karl der Große gliederte das Reich der Langobarden seinem Frankenreich an und erklärte seinen Sohn zum König von Italien. Keine 300 Jahre währte die Herrschaft der Karolinger, denn im 10. Jahrhundert erlangten die italienischen Stadtstaaten Norditaliens unter ihren Fürsten vollständige Autonomie. Verbündet im Kampf gegen Barbarossa schlugen sie den Angriff des Stauffers zurück und konnten so ihre Stellung behaupten. Doch ohne äußeren Gegner bekämpften sich die norditalienischen Provinzkönige untereinander mit verbitterter Härte.
Die Herrschaft der Skaliger am Gardasee (1200 - 1400)
Heute zeugen die vielen Burgen von der Herrschaft der Skaliger am Gardasee. Zur Mitte des 13. Jahrhunderts erweitert die reiche Händler- und Politikerfamilie der Scaligeri (della Scala) von Verona aus ihren Einflussbereich immer weiter. Überall an den Ufern des Gardasees errichteten sie Befestigungen, um ihren Besitz zu schützen. In Lazise, Valeggio sul Mincio, Malcesine, Torri del Benaco und Sirmione kann man sie und die darin eingerichteten Museen erleben. Die Herrschaft der Scaliger war von Fehden und sogar Brudermord im Namen der Macht geprägt. Sie dauerte nicht lange. Im Jahr 1387 verlor Antonio della Scala die Macht über Verona an die Mailänder und damit auch alle Güter der Region Gardasee. Es fanden zwar Versuche statt die Stadt zurückzuerobern, die aber nicht von Erfolg gekrönt waren. Am Gardasee herrschten nun die Mailänder am West- und die Venezier am Ostufer des Gardasees.
Venedig und der Gardasee (1400 - 1796)
Aus dem Machtkampf zwischen Mailand und Venedig gehen die Skaliger als Verlierer hervor und die Zeit der Venezianer am Gardasee beginnt mit einer spektakulären militärischen Unternehmung - der Galeas per montes. Nachdem die Republik Venedig zu Anfang des 15. Jahrhunderts ihren Einflussbereich in den Norden Italiens bis ans Ostufer des Gardasees ausgebreitet hatte bestzten sie in den Lombardischen Kriegen auch die Städte Brescia und Bergamo. Die Mailänder unter Führung der Familie Visconti belagerten daraufhin im Jahr 1438 Brescia. Ein venezianisches Heer konnte die Stadt dennoch verlassen und über Umwege nach Verona gelangen, wo sofort an einem Plan für den Entsatz der eingeschlossenen Stadt gearbeitet wurde. Der Gardasee schien geeignet, dringend benötigtes Material und Waren nach Brescia zu transportieren. Doch brauchte man dafür Kriegsschiffe auf dem Gardasee. So wurden mehrere Galeren und weitere Schiffe und kleinere Boote aus der Adria über die Etsch nach Verona und weiter nach Mori verschifft. Dort wurden sie mit einer Ausnahme am Lago di Loppio aufwändig mit Rinderkarren über Land bis nach Torbole transportiert - eine logistische Meisterleistung dieser Zeit. Um die Flotte zu verstärken wurden weitere Schiffe in Verona gebaut. Nachdem die Flotte bei Torbole zu wasser gelassen wurde, wurden sie bei Riva sofort in ein Gefecht verwickelt. Ein zweites späteres Gefecht bei Maderno hatte den Verlust fast aller venezianischer Schiffe zur Folge. Venedig baute daraufhin in Torbole weitere Schiffe, mit denen sie dann im Jahr 1440 die Mailänder Gardaseeflotte vernichtend schlug und seine Vormachtstellung an allen Ufern des Gardasees festigte. Auch die Venezianer hinterließen viele Spuren, besonders in der Architektur. Bestes Erkennungszeichen sind die Schwalbenschwanzzinnen, denen man überall am See begegnet.
Goethe am Gardasee (1786)
Neben vielen anderen Intellektuellen und Künstlern ist Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832) (ext. Link: Wikipedia) einer der berühmtesten Besucher des Gardasees. Er besuchte im Rahmen seiner Italienreise im Jahr 1786 u.a. Malcesine. Dort wurde er zum deutschen Spion erklärt und verhaftet. Doch das tat nach seiner kurze Zeit späteren Freilassung keinen Abbruch an seiner Faszination dieser Gegend.
Napoleon und die Österreicher am Gardasee (1796 - 1867)
Napoleons Ankunft in der Poebene markierte das Ende der Venezianischen Herrschaft am Gardasee. In seinem Italienfeldzug erobern Napoleons Truppen große Teile Norditaliens und die Republik Venedig wird aufgelöst. Im Jahr 1797 schlug er die Österreicher in der Schlacht um Rivoli. Die Provinzen um den Gardasee, Venetien, Trient und Südtirol, sowie die Lombardei, wurden nach dem Sieg über den machtgierigen Franzosen im Jahr 1815 mal Österreich, mal Bayern oder Italien angegliedert. In den Unabhängigkeitskriegen von Pescheira del Garda im Jahr 1848 bezwangen die Österreicher die Piemontesen. Im Jahr 1859 kommt es dann im Zuge des Sardinischen Krieges zur entscheidenen Schlacht bei Solferino und San Martino verlieren die Österreicher gegen ein italienisch-französisches Heer. Das Grauen auf dem Schlachtfeld veranlassten den Schweizer Henry Dunant (1828-1910) (ext. Link: Wikipedia) zur Gründung des Roten Kreuzes. Auch die Genfer Konvention von 1864 ist auf dieses Ereignis zurückzuführen. Seit der Einigung Italiens mit der Gründung des Italienischen Königreiches 1866 gehören das Ost-, Süd- und Westufer des Gardasees zu Italien. Nur der Norden um Riva del Garda und Torbole ist noch Teil der österreischichen K&K Monarchie.
Der Bau der Festung Riva
Ab dem Jahr 1860 gab es in Reihen der österreichischen Armee Pläne zum Ausbau einer Umfangreichen Festungslinie an der Südgrenze zu Italien. Die Festungsanlagen der sogenannten Festung Riva wurden unter anderem als Sperrwerk auf dem Monte Brione angelegt. Nach der Fertigstellung im Jahr 1910 waren die Anlagen in Funktion und Aufbau aber bereits überholt. Mehr ...
1. & 2. Weltkrieg
Mit dem Eintritt Italiens in den 1. Weltkrieg 1915 wurde der Gardasee wieder zum Kriegsgebiet. Die Front zwischen Italien und Österreich-Ungan verlief unter anderem direkt am Nordufer des Gardasees. Auf dem Monte Brione und am Forte di Nago kann man noch heute die Festungsanlagen ansehen. Einen wichtigen Einfluss auf den Kriegsverlauf hatten die Anlagen der Festung Riva jedoch nicht. Seit dem Ende des 1. Weltkriegs, wärend dessen sogar Kriegsschiffe auf dem Gardasee patroullierten, gehört der Gardasee mit allen Uferabschnitten zu Italien, das konfliktbelastete Südtirol inbegriffen. Mit dem Bau der Straßen, wie der Gardesana rund um den Gardasee in den 1920er Jahren erfasste ein wirtschaftlicher Aufschwung die Region. Nachdem die Gotenlinie im Frühjahr 1945 am Ende des zweiten Weltkrieges durchbrochen wurde, erreichte der Krieg die Ufer des Gardasees. Besonders am Nordufer wurde hart gekämpft. So kam es dazu, dass Alliierte Bomber die von der Deutschen Wehrmacht besetzten Festungsanlagen am Monte Brione bombardierten.
Repubblica Sociale Italiana
Den vorerst letzten Skandal der Geschichte im Land des Lago di Garda inszenierte der faschistische Diktator Benito Mussolini (ext. Link Wikipedia). Als im Jahr 1943 die Landung Alliierter Truppen in Süditalien die Strukturen des faschistischen Staates zusammenbrechen ließ, wurde der damalige Diktator gefangen genommen. Eine deutsche Kommandoaktion von Fallschirmjägern befreite ihn aus einem Arrest und brachte ihn an den Gardasee. Dort rief er als Marionette der deutschen Nazis die "Republik von Salò" oder "Faschistische Sozialrepublik" aus. Mit seiner Familie bewohnte er die Villa Feltrinelli in Gargnano und herrschte unter strenger Bewachung der SS wie ein König entrückt von Salò aus über ein kleines Gebiet in Norditalien, das nur von deutschen Gnaden existierte. Diese fand nach der Verhaftung und Hinrichtung Mussolinis im Jahr 1945 ihr Ende.
20. Jahrhundert - Heute
Nach dem Ende des 2. Weltkrieges hat sich in der Region am Gardasee mit dem erneuten wirtschaftlichen Aufschwung der Tourismus stark entwickelt. Heute glänzen die italienischen Provinzen Lombardei, Trient/Südtirol und Venetien, die sich den Gardasee teilen, als eine der reichsten Kulturlandschaften Europas.